Nach zwei Jahren Pandemie luden das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung und die NBank am 11. Mai zum ersten Mal wieder zu einer Präsenzveranstaltung ein. Anlass dazu war das Thema öffentlich-private Partnerschaften.
Adressiert wurden die Einladungen nicht nur an die amtierenden Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Landes Niedersachsen und deren Vertretende, sondern auch alle anderen Personen, die sich für das Thema interessieren.
Insbesondere durch die Möglichkeit, einander persönlich zu begegnen und die Veranstaltung nicht virtuell, sondern vor Ort zu erleben, haben sich optimale Bedingungen ergeben, um Networking zu betreiben. Diese wurden von den zahlreichen Teilnehmern bei schönstem Wetter, dem gemeinsamen Kaffeetrinken und Mittagessen genutzt. Neben dem Austausch und der Vernetzung verfolgte die Veranstaltung ein klares Ziel: Die Klärung der Frage „Unter welchen Umständen lohnt sich ÖPP als alternative Beschaffungsform?“.
Unter welchen Umständen lohnt sich ÖPP als alternative Beschaffungsform?
Die Antwort: ÖPP sind nur dann sinnvoll, wenn sie wirtschaftlicher sind als Projekte ohne privaten Partner. Doch wann ist das der Fall? Auch um diese Frage ging es am 11. Mai. So hat Thomas Schubert, Geschäftsführer der VBD Beratungsgesellschaft für Behörden mbH, im Rahmen seines Vortrages erklärt, was bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung besonders beachtet werden sollte. Dabei stellte er heraus, dass die Wirtschaftlichkeit über den gesamten Lebenszyklus des Projektes hinweg betrachtet werden muss. Herausgestochen ist an dieser Stelle die Erkenntnis, dass sich der Lebenszyklus durch die Teilhabe eines privaten Partners deutlich verlängern kann. So bestehen Schulen mit teils privaten Trägern oftmals länger als rein öffentliche Schulen.
„In der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sollten maximal drei, besser noch zwei, Lösungsalternativen verglichen werden.“, brachte Thomas Schubert eine weitere wichtige Erkenntnis auf den Punkt. Denn Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen seien umfangreiche Projekte, die sorgfältig durchgeführt werden müssen, um ein realistisches Ergebnis abzubilden.
Praktischen Erfahrungen mit der alternativen Beschaffungsform ÖPP aus dem Landkreis Cuxhaven
Ein weiterer Referent, Michael Take, Kreisrat des Landkreises Cuxhaven, berichtete in seinem Vortrag von den praktischen Erfahrungen, die er mit der alternativen Beschaffungsform ÖPP bereits sammeln konnte. So bedient sich der Landkreis Cuxhaven bereits seit mehreren Jahren dieser Alternative. Michael Take stellte die Vorteile der ÖPP insbesondere in den Bereichen der Fristeinhaltung heraus, da Fristen mit privaten Partnern deutlich zuverlässiger eingehalten werden könnten. Auch die Finanzplanung ließe sich so genauer einhalten, als es bei rein öffentlichen Projekten der Fall sei. Weiterhin bilanzierte Take, dass sich im Bereich der Verwaltung eine deutliche Entlastung der Mitarbeitenden ergeben habe: „Besonders durch den Fachkräftemangel an technischem Personal kann das Instrument der ÖPP eine Lösung für die effiziente Umsetzung von Neubauprojekten sein.“
Es seien beispielsweise mehr Projekte mit der gleichen Mitarbeitendenzahl realisierbar, was besonders für Kommunen von großer Bedeutung ist. Immerhin müssen fortlaufend KiTa-Plätze geschaffen, Schulgebäude saniert und Infrastrukturmaßnahmen vorgenommen werden. Auch andere Projekte binden Kapazitäten. Wichtig für ein gutes Gelingen von ÖPP befand Take eine sorgfältige Baubegleitung von kommunaler Seite, damit den Kommunen die Kontrolle über die Projekte nicht entgleiten kann.
Mittel, um die Kontrolle über ein Bauprojekt zu behalten - Erfahrungen der PSPC GmbH
Weitere Mittel, um die Kontrolle über das Bauprojekt zu behalten, nannte Arne Sangerhausen, Prokurist und Bereichsleiter ÖPP bei der PSPC GmbH, im Rahmen seines Vortrages. Insbesondere das richtige Vetragswerk hob er an dieser Stelle hervor. So sprach Sangerhausen die eindeutige Empfehlung aus, für ÖPP-Projekte eine juristische Begleitung auf Seite der Kommunen zu engagieren. Die größte Bedeutung komme, so zeige es seine Erfahrung, bei der Vertragsgestaltung den Kündigungs-Konditionen zu. „Kein Bauvorhaben läuft zu 100% nach Plan. Deshalb und aufgrund der langen Laufzeiten muss das Vertragswerk Anpassungsmöglichkeiten während der Leistungserbringung der ÖPP-Partner bieten.“
ÖPP in der politischen Diskussion – Fluch oder Segen?
Zum Ende der Veranstaltung diskutierten Hartmut Bannow vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung und Christian Kopp von der NBank gemeinsam mit den drei Experten das Thema „ÖPP in der politischen Diskussion – Fluch oder Segen?“. Das Fazit dieser Runde stellte sich wie folgt dar:
Wenn sich ein ÖPP-Projekt tatsächlich lohnt, dann sollte dieses im Interesse von Verwaltung und Politik sein. Das ist allerdings nicht bei allen Projekten der Fall. Besonders kleinere Projekte können häufig nicht wirtschaftlich als ÖPP-Projekt umgesetzt werden. Umso wichtiger ist die ordentliche Vorbereitung und sorgfältige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, bevor Projekte in Angriff genommen werden.
Fazit
Am Ende der Veranstaltung blieb als Kern die Erkenntnis stehen, dass sich die Beschaffungsform ÖPP nicht bei allen Projekten lohnt, bei größeren Projekten allerdings in Betracht gezogen werden sollte, um auf Personalmangel in den Gemeinden zu reagieren und den Lebenszyklus der Projektergebnisse zu verlängern.
Nächste Veranstaltung in Planung
Die Veranstaltung vom 11. Mai bleibt nicht die einzige ihrer Art. So ist eine weitere Veranstaltung bereits in Planung, bei der neben der klassischen öffentlich-privaten Partnerschaft noch weitere Alternativen der Beschaffungsform vorgestellt werden sollen. Die NBank und das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung hoffen auch dann auf ein zahlreiches Erscheinen von Vertretenden aus den Niedersächsischen Gemeinden. Bis dahin steht das Team Kommunalberatung gerne für Fragen zum Thema Beschaffung und Fördermöglichkeiten zur Verfügung.