Die Wohnungsmärkte sind in Bewegung. Große Städte sind mit ihren Arbeitsplätzen und kulturellen Angeboten nicht nur für Berufseinsteiger und gutverdienende Singles oder Doppelverdiener-Haushalte zunehmend attraktiver geworden, sondern auch für Familien und Senioren. Letztere schätzen insbesondere die kurzen Wege zu Bildungs- und Kinderbetreuungsangeboten sowie die gute Gesundheitsversorgung.
Dass die steigende Wohnungsnachfrage in diesen Städten zu höheren Wohnkosten führt, ist bei der Suche nach einer angemessenen Wohnung für viele Menschen mit genügend Kaufkraft unproblematisch. Die über das bestehende Wohnungsangebot hinausgehende Nachfrage wird durch Neubau bedient, solange die Rendite für die Investoren stimmt. Für zu- oder umziehende Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen bedeuten steigende Wohnungsmieten und -kaufpreise jedoch immer öfter eine hohe oder sogar sehr hohe finanzielle Belastung.
Soziale Ungleichheit nimmt zu
Darüber hinaus zeigt eine aktuelle Auswertung des Soziooekonomischen Panels, der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und von OECD-Daten, dass Veränderungen am Wohnungsmarkt die Einkommensunterschiede in Deutschland noch erheblich verstärken. Über einen Zeitraum von 20 Jahren wurden die real verfügbaren Einkommen vor und nach Abzug der Wohnungsausgaben verglichen. Zwischen 1993 und 2013 hat die Wohnkostenentwicklung die wachsende Ungleichheit einer sich ohnehin öffnenden Einkommensschere noch verschärft. Für das untere Fünftel der deutschen Einkommensbezieher ist die Wohnkostenlast deutlich auf 39 Prozent des Nettoeinkommens gestiegen, während sie für das obere Fünftel der Verdiener auf 14 Prozent gefallen ist. Für diese Entwicklung gibt es vor allem zwei Gründe. Im betrachteten Zeitraum sind die Mieten stärker gestiegen als die Kosten für selbstgenutzten Wohnraum, die wegen sinkender Hypothekenzinsen nach 2000 sogar gesunken sind. Dass untere Einkommensbezieher eher Mieter sind, während sich im oberen Einkommensbereich mehr Eigentümer finden, verstärkt die Ungleichheit. Darüber hinaus steigen die Wohnungsausgaben je Kopf aufgrund des anhaltenden Trends zu immer kleineren Haushalten stetig. Dies trifft die unteren Einkommensgruppen härter als die oberen.
In den vergangenen fünf Jahren hat sich die prekäre ökonomische Situation vieler Menschen mit niedrigen Einkommen eher verfestigt bzw. sind zunehmend mehr Menschen auf Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hand angewiesen. Neben Alleinerziehenden sind es häufig Seniorinnen, die die Kosten für angemessenen Wohnraum zunehmend nicht mehr tragen können bzw. anderen Konsum deutlich einschränken müssen. Aber auch Familien mit Kindern müssen auf der Suche nach einer adäquaten Wohnung viel Geld bezahlen. In der Regel arbeiten mittlerweile meist beide Elternteile, um ein ausreichendes Haushaltseinkommen zu erzielen und um später nicht nur mit einer Rente auskommen zu müssen. Die zweifache Berufstätigkeit setzt jedoch eine entsprechende Infrastruktur in erreichbarer Nähe voraus. Ganztages-Kinderbetreuung, schulische und gesundheitliche Angebote in Wohn- und Arbeitsortnähe finden sich in der Regel nur in großen zentralen Orten bzw. Städten mit hohen Wohnkosten.
Auf der anderen Seite gibt es – trotz vermehrter Zuwanderung aus dem Ausland vor allem in den Jahren 2014 und 2015 – viele Städte und Gemeinden, die bereits jetzt oder in naher Zukunft zu viel Wohnraum haben, weil die Haushaltszahl sinkt. In diesen Kommunen ist es besonders schwer, den Wohnungsbestand in ausreichendem Maß an die sich verändernde Nachfrage z. B. durch den demografischen Wandel anzupassen. Aber auch Kommunen, die eine zukünftige Wohnungsnachfrage durch neue Haushalte sukzessive für einen klugen Bestandsumbau nutzen könnten, benötigen belastbare und aktuelle Informationen zur Entwicklung ihrer Wohnungsmärkte.
Passgenaue Konzepte und Lösungen für unterschiedliche Rahmenbedingungen
Liefern können diese Information geeignete Monitoring-Systeme. Geeignet meint hinreichend kleinräumig, aktuell, mit vorausschauenden Elementen und regelmäßigen Aktualisierungen. Die Zahl dieser Monitorings hat sich in den vergangenen Jahren in einigen Bundesländern, darunter auch Niedersachsen, deutlich erhöht. In immer mehr Städten und Gemeinden enthält ein Integriertes Städtisches (Ländliches) Entwicklungskonzept nun auch explizit ein Teilkonzept „Wohnen“. Städte betreiben eine eigene „Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung“ oder sie erarbeiten ein „Wohnraumversorgungskonzept“ – jeweils wahlweise auch als Auftrag für externe Forschungs-/ Beratungsinstitute.
In Niedersachsen hat die NBank 2010 den Arbeitskreis Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung gegründet. Jeweils im Frühjahr und im Herbst treffen sich Stadtplaner aus rund 20 niedersächsischen Städten und Gemeinden, um sich über Ihre Erfahrungen, Beobachtungen und Entwicklungen zum Thema Wohnungsmarkt auszutauschen und sich dabei auf den neuesten Stand der Diskussion zu bringen. Hieraus gehen viele Impulse für die Kommunen hervor.
Seit Anfang 2016 können neue Mietwohnungsbauvorhaben in allen niedersächsischen Städten und Gemeinden öffentlich gefördert werden. Die Landesförderung ist damit nicht mehr nur an „städtische Gebiete“ gebunden. Um Fehlallokationen zu vermeiden, ist der Förderbedarf mittels eines Wohnraumversorgungskonzepts nachzuweisen. Aufgrund konkreter geplanter Förderprojekte aber auch, um sich die Fördermöglichkeit prinzipiell offenzuhalten, sind seitdem zahlreiche Konzepte vor Ort entstanden. Die NBank unterstützt mit Knowhow und einem umfangreichen Basis-Datensatz – beides unentgeltlich. Bis heute sind auf diesem Weg in Stadt und Land 50 kommunale und regionale Wohnraumversorgungskonzepte entstanden. Steht nach drei bis Jahren eine Aktualisierung an, unterstützen wir auch hier die betreffenden Kommunen mit Rat und Tat.
Ob Integriertes Konzept, Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung, Runder Tisch Wohnen oder Wohnraumversorgungskonzept – alle Maßnahmen eint das Ziel, auf einer belastbaren Informationsbasis die lokalen Wohnungsmarktentwicklungen durch vorausschauende Planung positiv zu beeinflussen. Die daraus entstehenden, in der Regel öffentlichen Papiere und Berichte stellen Transparenz her und ermöglichen so einen sachlichen Diskurs. Die aus dem Gesamtprozess abgeleiteten Lösungen sind nachvollziehbar und nachhaltig.