Im Jahr 2022 standen im Fördergeschäft erstmals wieder einige Zeichen auf Normalisierung: Die akuten Nothilfen sind nicht mehr ganz so stark gefragt, Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Klima- und Ressourcenschutz gewinnen an Bedeutung. Sind die Menschen im Land nach den harten Krisenjahren gewappnet für das, was kommt? Darüber sprechen die NBank-Vorstände Michael Kiesewetter und Dr. Ulf Meier im Interview.
„Wir sind einmal mehr sehr stolz auf unsere Mitarbeitenden.“ Michael Kiesewetter
Herr Kiesewetter, Herr Dr. Meier, das Jahr 2022 war erneut ein Krisenjahr. Auf die noch nicht vollständig ausgestandene Corona-Krise folgten unmittelbar die Ukraine- und die daraus resultierende Energiekrise. Wie hat sich die NBank inmitten dieser Herausforderungen aufgestellt?
Kiesewetter: Es stimmt, dass das zurückliegende Jahr noch einmal ein sehr forderndes war. Wir haben erneut ein Fördervolumen von fast zwei Milliarden Euro und rund 56.000 Einzelförderungen allein in den Corona-Hilfen bearbeitet.
Dr. Meier: Gleichzeitig haben wir aber auch ein wachsendes Fördervolumen von 1,5 Milliarden Euro in den regulären Programmen umgesetzt. Das alles konnten wir nur stemmen, weil wir seit 2020 unsere Mitarbeiterzahl deutlich erhöht und auch konsequent in die Digitalisierung unserer Prozesse investiert haben.
Kiesewetter: Wir sind einmal mehr sehr stolz auf unsere Mitarbeitenden, die auch unter hohem Veränderungsdruck und weiterhin hohem Antragsvolumen vollen Einsatz gezeigt haben. Es wurde ohne Zögern und Zaudern mit angepackt und an einem Strang gezogen. Am Ende steht ein Gesamtfördervolumen von 3,5 Milliarden bei rund 85.000 Bewilligungen.
Zeichnen sich denn nun weniger arbeitsreiche Zeiten ab?
Dr. Meier: Keineswegs. Wir werden alle Kräfte brauchen. Es stehen viele neue Förderprogramme an und wir werden alle Antragsprozesse konsequent digital aufsetzen. Wir wollen unsere Bank weiterentwickeln. Da kommt viel Arbeit auf uns zu.
Kiesewetter: Es geht ja schon lange nicht mehr nur darum, Pflaster auf die Wunden zu kleben, die Corona geschlagen hat. Die vergangenen Jahre haben uns wie unter dem Brennglas gezeigt, welchen Herausforderungen wir uns dringend stellen und wo wir in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes investieren müssen. Als Investitions- und Förderbank werden wir jetzt mehr denn je gebraucht. Dieser Verantwortung wollen wir uns stellen. In enger Zusammenarbeit mit der Politik werden wir die zur Verfügung stehenden EU-, Bundes- und Landesmittel für die Themen einsetzen, die über den zukünftigen Wohlstand in unserem Land entscheiden.
Welche Themen sind das?
Kiesewetter: Das Thema Infrastruktur ist beispielsweise ein wichtiger Baustein. Hier konnten wir im vergangenen Jahr ein deutlich gesteigertes Fördervolumen von rund 714 Mio. Euro verzeichnen. Neben dem Gigabitausbau, der letztlich auch Grundlage für viele Digitalisierungsanstrengungen ist, konnten wir insbesondere die Kommunen unterstützen: Rund 225 Mio. Euro wurden hier in Form von Krediten ausgegeben. Hierdurch erhalten Kommunen Sicherheit und Flexibilität bei der Umsetzung ihrer Projekte.
Dr. Meier: Ein weiteres wichtiges Thema ist das bezahlbare Wohnen. Auch wegen der steigenden Marktzinsen und der nochmals attraktiver gewordenen Konditionen unserer Förderprodukte konnten wir ein Rekordjahr verzeichnen. Es wurden über 2.700 Wohneinheiten mit einem Investitionsvolumen von rund 350 Millionen Euro gefördert.
Kiesewetter: Großen Handlungsbedarf spüren wir auch im Geschäftsbereich Beteiligungskapital: Private Investoren waren zuletzt sehr zurückhaltend. Mit unseren Start-up-Zentren, Hightech-Inkubatoren, aber auch mit unseren niedrigschwelligen Angeboten wie dem MikroStarter konnten wir helfen, dass junge Unternehmen nicht durch Finanzierungsengpässe ausgebremst wurden. Über unsere Beteiligungsgesellschaft NBank Capital haben wir vielen jungen Unternehmen Kapital zur Verfügung gestellt. Durch die nun steigenden Zinsen wird unser Engagement als langfristig orientierter Investor noch wichtiger.
Dr. Meier: Sehr erfolgreich waren auch unsere neu aufgelegten regionalen Wachstumsfonds, bei denen Land und private Investoren Hand in Hand arbeiten: Über 28 Millionen Euro haben wir hier als Co-Investor bereitgestellt. Das werden wir weiter ausbauen und gezielt in die nachhaltige und digitale Transformation der niedersächsischen Wirtschaft investieren.
„Wir werden alle Kräfte brauchen. Es stehen viele neue Förderprogramme an und wir werden alle Antragsprozesse konsequent digital aufsetzen. Wir wollen unsere Bank weiterentwickeln. Da kommt viel Arbeit auf uns zu.“ Dr. Ulf Meier
Ein großer Engpass für die anstehende Transformation ist der Fachkräftemangel. Worauf kommt es jetzt an, um den Arbeitsmarkt zu stärken?
Dr. Meier: Nicht nur Fachkräfte fehlen, sondern Arbeitskräfte aller Qualifikationsniveaus. Zugleich werden viele Berufe anspruchsvoller. Das haben wir 2022 an der sehr hohen Nachfrage nach dem Aufstiegs-BAföG gemerkt, dass Menschen in ganz unterschiedlichen Berufsfeldern Weiterbildungen ermöglicht.
Wir konnten auch viele bewährte Arbeitsmarkt-Förderprogramme in der neuen EU-Förderperiode wieder neu auflegen. Dadurch sind wir jetzt sehr gut aufgestellt, um viele Zielgruppen am Arbeitsmarkt mit passenden Angeboten anzusprechen.
Welche Ziele hat sich die NBank für das aktuelle Jahr gesetzt?
Kiesewetter: Es gilt jetzt, die wirtschaftliche Erholung im Land weiter zu unterstützen und Zukunftsinvestitionen bei den großen Transformationsthemen wie Nachhaltigkeit, Klima- und Ressourcenschutz und Digitalisierung zu ermöglichen. Das bedeutet für uns in der NBank, dass wir interne Transformationsprojekte weiter vorantreiben, damit wir auch künftig effizient die richtigen Förderimpulse setzen können. Wir werden Förderprogramme entwickeln, die zu dem veränderten Marktumfeld mit höheren Zinsen passen. Dazu wollen wir zum Beispiel verstärkt zinsgünstige Darlehen anbieten. Und auch weiter in die Digitalisierung und Verbesserung unserer Angebote investieren.